Mitarbeiter des Transaction Banking Teams stehen auf dem Balkon beim Vontobel Hauptsitz und reden miteinander.
Insights
Global Execution

Global Execution – Teil 2

Publiziert am 21.04.2023 MESZ

Im zweiten Teil unserer Serie über Global Execution sprechen unsere Experten über das Wachstum im Bereich ETF, die entscheidenden Veränderungen auf dem Aktienmarkt und den Fixed-Income-Trading-Desk von Morgen.

 

Dieser Artikel besteht aus 3 Interviews

 

ETF-Handel – Ein Wachstumsmarkt in stetiger Veränderung

 

— Wie gross ist der Anteil an ETF vs. Aktien bei Vontobel? Wie hat sich das entwickelt?

Über die letzten Jahre hinweg haben wir bei den gehandelten Volumen generell zugelegt. Auffallend ist, dass die Zuwachsraten bei den ETF deutlich höher ausfallen als bei den Aktien, allerdings auf tieferer Basis. ETF werden heute breiter eingesetzt als noch vor ein paar Jahren. Dies hängt sicher auch mit der Ausweitung des Angebots zusammen. Während die Anlageklasse ursprünglich als simpler Indextracker aufgelegt wurde, werden mittlerweile auch gehebelte Produkte angeboten. Aktiv gemanagte ETF, die versuchen, kostengünstig Hedge-Fund-Strategien zu replizieren, weisen den Weg in die Zukunft.

— Wie unterscheidet sich der Handel mit ETF von demjenigen mit Aktien?

Oberflächlich betrachtet, erscheinen die Unterschiede nicht gross. Wie der Name ETF schon sagt, sind die Instrumente an der Börse kotiert und werden dort wie Aktien über ein Orderbuch gehandelt. Allerdings findet vor allem in Europa der grösste Teil des Handels nicht in Orderbüchern an der Börse, sondern über RFQ (Request-for-Quote)-Plattformen statt. Auf diesen Plattformen stellen Market Makers direkt Preise für die angefragte Order. Der Vorteil ist hier, dass man handeln kann, ohne den Markt zu beeinflussen. Die gestellten Quotes sind verbindlich und gelten jeweils für die ganze Ordergrösse. Institutionelle Kunden handeln teilweise auch zum NAV (Net Asset Value). Das kann z. B. bei ETF, die Underlyings über mehrere Zeitzonen hinweg abbilden, von Vorteil sein. Diese verschiedenen Möglichkeiten, eine Order auszuführen, haben wir im Handelsprozess optimiert und auch teilweise automatisiert. Schlussendlich bleibt es aber dem Kunden überlassen, welche Art der Ausführung umgesetzt wird.

— Wie sieht diese Automatisierung in der Praxis aus?

Wir haben früh angefangen, unsere Prozesse im ETF-Handel zu verbessern, weil der manuelle Aufwand durch die gestiegenen Volumen dies erforderlich machte. Einerseits haben wir Pre-Trade Checks eingeführt, damit wir bestimmen können, ob eine Order direkt an den Markt geschickt werden soll oder ob durch das Zutun eines Händlers für die Kunden ein Mehrwert geschaffen werden kann. Für den automatischen Handel über RFQ-Plattformen sind die Regeln so angepasst, dass die dort erzielten Preise zwingend denjenigen der Börsen entsprechen oder diese übertreffen müssen. Unser Smart Order Router (SOR) wurde während der letzten Jahre so optimiert, dass dieser nun in mehreren Zyklen die verschiedenen Plattformen ansteuern und eine bestmögliche Ausführung erreichen kann. Mit dieser Innovation haben wir auf Marktveränderungen reagiert. Beispielsweise hat die SIX Swiss Exchange Quote on Demand (QOD) eingeführt. Dies ist ein neues Segment für den Quote-driven Handel, ähnlich wie dies andere Plattformen schon länger anbieten. Diese zusätzliche Liquidität kann mit unserem SOR dynamisch angesteuert werden. Die Orderausführung über Börsen findet gleich wie bei Aktien über unseren Smart Order Router statt. Dieser greift auf die verfügbaren Liquiditätsquellen zurück und gewährleistet Best Execution.

 

«Es wird immer Ausnahmen geben, die die Automatisierung erschweren oder verhindern.»

Michael Wenger
Head of Execution Equities & Derivatives

Porträt von Michael Wenger

 

— Wenn das alles so gut funktioniert, wieso werden dann an Ihrem Desk nicht alle ETF automatisch gehandelt?

Es wird immer Ausnahmen geben, die die Automatisierung erschweren oder verhindern. Z. B. wenn ein Kunde einen ETF zum NAV handeln will, dann muss das manuell gemacht werden. Die Übermittlung dieser Auftragsart aus den Umsystemen ist nicht möglich. Bei grossen Aufträgen klären wir teilweise im Vorfeld ab, mit welchen Gegenparteien ein Abschluss überhaupt in Frage kommt. Oder auch wenn die Lieferung sicher auf Valuta klappen muss, da sind nicht alle Marktteilnehmer gleich zuverlässig. Weiter gibt es illiquide ETF, die besser manuell gehandelt werden. Wie zuvor angesprochen, gibt es mittlerweile auch exotischere Strategien, die als ETF verpackt an Investoren verkauft werden. In einigen Produkten ist die Illiquidität der Underlyings ein Problem. Das führt zu breiten Spreads im Markt, da die Market Makers ihr Risiko einpreisen. In solchen Fällen kann ein Händler Mehrwert schaffen, wenn er die richtigen Gegenparteien findet und die Quotes überprüft.

— Das Angebot an ETF und die in ETF verwalteten Vermögen haben sich in den letzten Jahren vervielfacht. Denken Sie der Trend geht weiter?

Das Wachstum in diesem Sektor ist wirklich beachtenswert. Ich sehe gute Gründe dafür, dass dies auch in Zukunft weitergehen wird. Zuerst ein Punkt der in der Finanzwelt stets im Vordergrund steht: die Kosten. ETF bieten Möglichkeiten, um kostengünstig breit zu investieren. Über ETF ist es möglich mit einem Produkt einen ganzen Sektor oder gar Markt abzudecken oder an exotischen Strategien zu partizipieren. Die Gebühren für Fondsverwaltung, Verwahrung usw. sind in der TER (Total Expense Ratio) aggregiert und fallen im Allgemeinen geringer aus als bei Direktanlagen. Der zweite Grund für das Wachstum in diesem Sektor ist die Innovation. Gerade die letzten Jahre haben gezeigt, dass praktisch jede Investmentidee in einen ETF verpackt an den Markt gebracht werden kann. Neue Investmentthemen dürften von den Anbietern weiterhin innert Kürze angeboten werden. Ebenfalls wichtig ist die Transparenz und Datenverfügbarkeit. Über Finanzinformationssysteme, aber teilweise auch im Internet ist eine Fülle an Informationen, vom täglichen NAV bis zu den einzelnen gehaltenen Positionen, verfügbar. Den Investoren erlaubt dies z. B., Produkte einfach zu vergleichen oder die Performance zu analysieren. Ebenfalls erwähnenswert ist der einfache und kosteneffiziente Handel. Der Investition steht keine Hürde im Weg, wie das bei anderen Finanzinstrumenten der Fall sein kann, und die Handelsgebühren sind gering.

Mitarbeiter des Transaction Banking Teams stehen auf dem Balkon beim Vontobel Hauptsitz und reden miteinander.

 

Aktienhandel gestern und heute

 

— Wie hat sich der Aktienhandel im letzten Jahrzehnt verändert?

Die grösste Änderung ist sicherlich die Automatisierung. Während vor zehn Jahren das Wort Algo noch ein Fremdwort war, ist es heute nicht mehr wegzudenken. Auch die STP-Rate (Orders, die automatisch nach gewissen Sicherheitschecks direkt an die Börsen gehen) hat sich deutlich erhöht. Die aktuellen STP-Raten betragen deutlich über 95 Prozent – für Schweizer Aktien sogar über 99,5 Prozent. Mittels TCA (Transaction Cost Analysis) werden die Ausführungen im Nachhinein detailliert analysiert. Natürlich haben all diese Änderungen auch gewisse Negativ-Effekte wie z. B. geringere Kommissionssätze. Zudem wurden seit der Finanzkrise die regulatorischen Aspekte deutlich verschärft. Paradebeispiel ist MiFID II.

— Was bringt das für neue Herausforderungen mit sich?

Während man früher noch sehr viele Orders manuell bearbeitet hat, steht heutzutage das Monitoring im Vordergrund. Das heisst, dass die meisten Orders zwar automatisch gehandelt werden, jedoch Maschinen ebenfalls Fehler machen können. Die Händler überwachen den Orderflow und versuchen, Fehler zu verhindern. Der Vorteil der ganzen Automatisierung ist sicherlich, dass viel mehr Volumen mit weniger Händlern absorbiert werden kann. Für den Endkunden können die mittlerweile grosse Anzahl an verschiedenen Algo-Strategien und die vielen verschiedenen Handelsplätze auch verwirrend bzw. schwer durchschaubar sein. Deswegen ist die persönliche Betreuung der Kunden weiterhin sehr wichtig.

— Trotz der besseren technischen Möglichkeiten, wo ist der Mensch im Vorteil und wieso?

Sicherlich ein grosser Vorteil eines Händlers ist, dass er auf aktuelle kursrelevante Nachrichten sofort reagieren kann. Vor allem im aktuell volatilen Umfeld kann es einen grossen Unterschied machen. Zudem ist der Benchmark für Aufträge der VWAP (volumengewichteter Durchschnittspreis). An Tagen mit grossen Unterschieden zum durchschnittlichen Volumenprofil kann der Händler dies in seine Strategie miteinbeziehen, während die Maschine sich nach historischen Daten richtet und darum unter Umständen nicht auf die Situation angepasst reagiert. Zudem hat ein Händler mit gutem Netzwerk die Möglichkeit, in eher illiquiden Titeln eine grosse Anzahl an Aktien ausserbörslich (Blocktrades) zu handeln.

— Was tut Vontobel Global Execution um das Zusammenspiel von Mensch und Maschine zu optimieren?

Wir haben ein Algo-Komitee gegründet, bei dem ein regelmässiger Austausch stattfindet. Hierbei geht es vor allem darum, dass die Händlerfähigkeiten in die Programmierung miteingebaut werden. Ausserdem arbeiten die Händler eng mit den Entwicklern zusammen. So können wir unmittelbar aus den Erfahrungen lernen und unsere Algos verbessern.

— Was reizt Sie nach all den Jahren noch an diesem Beruf? Wo liegen die Herausforderungen?

Als Händler ist man am Puls der Wirtschaft. Ob nun automatisiert wurde oder nicht – dies wird sich nie ändern. Kein Tag ist wie der andere, und man hat nie ausgelernt. Die Herausforderung besteht sicherlich darin, auch mit zunehmendem Alter mit den immer schneller werdenden Änderungen mitzuhalten. Die zunehmenden technischen Änderungen muss man als Chance wahrnehmen und sich nicht dagegen wehren.

Ein Mitarbeiter des Transaction Banking Teams sitzt an einem Trading Desk und beobachtet den Monitor.

 

Fixed Income der Zukunft

 

Unser Global Execution Desk verfügt über umfassende Erfahrung auf dem Anleihenmarkt. Das ist hilfreich, um die Anforderungen unserer Kunden bezüglich Ausführung und Vermögensverwaltung zu erfüllen. Wir handeln vorwiegend OTC (Over-the-Counter) und greifen gegebenenfalls auf die Liquidität an verschiedensten Börsen zurück. Über 180 Gegenparteien sind an unsere Handelsplattformen angeschlossen und ermöglichen es uns, die besten Preise für unsere Kunden zu erzielen.

— Wie sieht der Fixed-Income-Handel der Zukunft aus?

Daten und die technischen Möglichkeiten, Liquidität zu erschliessen, prägen den Fixed Income Trading Desk der Zukunft. Mit dem exponentiellen Anstieg der Daten aus eingehender Liquidität, Neuemissionen und Pricing-Services Schritt zu halten, ist für Vermögensverwalter in einer sich verändernden und zunehmend automatisierten OTC-Marktlandschaft zu einer Herausforderung geworden. Die Nachfrage nach Daten explodiert mit der Entwicklung des Desk. An vielen Buy Side Desks ist die Rolle des Traders nicht mehr ausschliesslich dem Umgang mit einer einzigen Anlageklasse gewidmet. In Zukunft wird sich die Rolle in ein breiteres Mandat verwandeln – umbenannt in Low Touch oder High Touch Trading Desk.

— Neue Handelsplattformen kommen auf den Markt, die versuchen, die Lücken des traditionellen Market Making zu schliessen, und aus Mosaikstücken ein Gesamtbild zu generieren. Wie nutzen Sie diese Technologien, um die Datenströme für illiquide Anleihen zu verwalten?

Die grosse Herausforderung ist es noch immer, die Daten zu aggregieren. Es gibt drei bis vier namhafte Handelsplattformen, die auch in der Lage sind, die wünschenswerten Daten bereitzustellen. Auch im Obligationenhandel hat sich ein leichter Paradigmenwechsel vollzogen. Die Market Makers sind heute eher bereit, ihre «Axe», sprich Bestände, mit ausgewählten Gegenparteien zu teilen. Der aus dem Detailhandel stammende Ausdruck «pas vu, pas pris» gewinnt auch hier an Bedeutung. Der Händler oder auch das automatisierte System muss wissen, ob es sich lohnt, eine Gegenpartei für einen Bid oder Offer anzufragen.

— Wie verschaffen Sie sich auf einem OTC-Markt, auf dem kein zentralisiertes Orderbuch vorhanden ist, einen aggregierten Überblick, z. B. über illiquide Anleihen?

Hier kommt die jahrelange Erfahrung eines Händlers zum Zuge. Das Netzwerk und die Informationsflut wachsen mit den Jahren. Trotz dem elektronischen Handel ist der Obligationenhandel vorerst ein People Business geblieben. Sales-Personen vermarkten im wahrsten Sinne des Wortes die Positionen des Market Maker. Daher ist es für einen Buy-Side-Händler unerlässlich, seine guten Kontakte zu pflegen. Daraus resultiert die Kunst des Händlers, im richtigen Moment ein Kaninchen aus dem Hut zu zaubern.

— Wie stellen Sie Kunden den bevorzugten Zugang zum Handel mit Fixed-Income-Wertpapieren bereit?

Ausnahmslos alle unsere Kunden profitieren von unserem Know-how und unserer Expertise. Die Automatisierung schreitet voran und entlastet, nicht entlässt, die Händler bei ihrer Tätigkeit. Hochliquide Anleihen in einem regulären Marktumfeld bedürfen keinerlei manueller Intervention. So können wir uns auf die speziellen Kundenanfragen konzentrieren und das Unmögliche möglich machen.

Ein Mitarbeiter des Transaction Banking Teams der Bank Vontobel spaziert in einem schwarzen Anzug vor dem Gebäude.

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Publiziert am 21.04.2023 MESZ

ÜBER DIE AUTOREN

  • Michael Wenger

    Michael Wenger

    Head of Execution Equities & Derivatives

    Michael Wenger ist der stellvertretende Leiter der Abteilung Global Execution im Transaction Banking bei Vontobel. Er leitet das Team Execution Equities & Derivatives, welches kotierte Instrumente an den globalen Finanzmärkten handelt. Michael hat sich auf den Handel von ETF und Derivaten spezialisiert.

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  • Fabio Bartesaghi

    Fabio Bartesaghi

    Head Execution Member Markets

    Fabio Bartesaghi ist der stellvertretende Leiter des Teams Execution Equities & Derivatives in der Abteilung Global Execution im Transaction Banking bei Vontobel. Fabio handelt an den europäischen Aktienmärkten, mit einem klaren Fokus auf den Schweizer Markt. Er ist bekannt für seine überdurchschnittlichen Ausführungen am Markt.

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  • Christian Pfund

    Christian Pfund

    Execution Interest Rates FX & Funds

    Christian Pfund leitet das Team Execution Interest Rates & FX in der Abteilung Global Execution im Transaction Banking bei Vontobel. Christian und sein Team decken den globalen Handel in den OTC-Anlageklassen ab.

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