Outsourced Dealing Desks

Transaction Banking
17.10.2022 von Matthias Schiesser Lesezeit: 8 Minute(n)
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Outsourced Dealing Desks haben unweigerlich Auswirkungen auf Ihr Geschäft und das unsere. Während sich die Trading Desks in Richtung Multi-Asset-Handel entwickeln, erhöhen neue Anlageklassen wie Kryptowährungen die Komplexität, da sie rund um die Uhr gehandelt werden. Vertrauen, Technologie und Menschen werden immer wichtiger. Aber vor allem geht es beim Aufbau des Buy Side Trading Desk der Zukunft darum, die richtigen Fragen zu stellen.

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Autor: Matthias Schiesser

Matthias Schiesser leitet die Abteilung Electronic Trading Solutions des Bereichs Transaction Banking bei Vontobel. Er ist verantwortlich für den Vertrieb der elektronischen Low-Touch-Trading- Plattform, für Global Custody sowie
für FX-Produkte.

  

  

Outsourced Dealing Desk – Was ist die Aufgabe eines Outsourced Dealing Desk?

Ein Outsourced Dealing Desk ist ein Desk einer Drittpartei, die sich um den Flow (oder mehr) kümmert. Er wird Ihren Job als Buy Side Trader nicht zerstören, aber er kann das Serviceniveau für Ihre Endkunden erhöhen. Outsourced Dealing Desks unterhalten das Brokernetzwerk, verhandeln Preise, stellen sicher, dass ihr Flow allen regulatorischen Standards entspricht, und können je nach Bedarf massgeschneiderte Services anbieten. Hauptziel ist es, die operative Exzellenz für ihre Kunden zu verbessern, zu denen die Vermögensverwaltung, Banken und andere Institutionen mit Bedarf an erstklassigen Dienstleistungen im Handel gehören können. Je nach Art des von Ihnen gewählten Anbieters kann das Serviceniveau sich auf Global Custody und andere Mehrwertdienste erstrecken. Einige Anbieter decken nur bestimmte geografische Gebiete ab, andere die ganze Welt.

  

Selbst machen oder einkaufen?

Um diese Frage zu beantworten, müssen Sie zunächst beurteilen, welche Services auf Kundenseite benötigt werden. Es steht eine breite Palette von Outsourced Dealing Desk Services zur Verfügung – von Execution-Dienstleistungen über massgeschneiderte Lösungen bis hin zu extrem komplexen Lösungen. Als Nächstes müssen Sie bewerten und definieren, was Sie wirklich benötigen, und dabei gleichzeitig die Auswirkungen auf Ihr Unternehmen im Auge behalten.

  

Stellen Sie die richtigen Fragen, wenn Sie ein Outsourced Dealing Desk oder einen Broker in Betracht ziehen

  • Wird es zu einer weiteren Aufspaltung der Wertschöpfungskette kommen oder nicht?
  • Ist ein Outsourced Dealing Desk eine kosteneffiziente Lösung für Ihr Unternehmen?
  • Müssen Sie Ihre derzeitige Strategie überdenken?
  • Stehen Sie unter zunehmendem Kostendruck und müssen Sie Ihre Effizienz steigern?
  • Sind Sie bereit und in der Lage, die zunehmend komplexen und fragmentierten Märkte sowie das regulatorische und Compliance-Umfeld zu bewältigen?
  • Brauchen Sie eine angemessene Transaktionskostenanalyse (TCA, Transaction Cost Analysis)?
  • Hat Ihr derzeitiger Broker die steigende Cost of Exeution nachweisbar unter Kontrolle (Mitgliedschaften, Stammdaten, Börsen- und Custody-Gebühren)?
  • Was schafft den grössten Wert für Ihr Unternehmen? Wünschen Sie einen Low- oder High-Touch-Service?
  • Mit welchen Vermögenswerten möchten Sie handeln?
  • Brauchen Sie rund um die Uhr ein Follow-the-Sun-Modell? Dies gilt insbesondere für Kryptowährungen, ist aber auch relevant, wenn Sie international handeln.
  • Ist Ihre Handelsabteilung auf dem neuesten Stand, im Hinblick auf Preisgestaltung, RFPs und Cost of Trading?
  • Sind Sie sicher, dass eine Mitgliedschaft an einer Börse ohne Zugang zu alternativen Handelsplätzen ausreichend und kosteneffizient ist?
  • Ist Ihre Organisation in der Lage, die immer komplexeren regulatorischen Anforderungen zu erfüllen?
  • Sind Ihre Trader in der Lage, komplexe Anweisungen zu bearbeiten (haben sie z. B. Zugang zum Algo-Trading und zu alternativen Handelsplätzen)?
  • Möchten Sie Ihr operationelles Risiko reduzieren?
  • Möchten Sie Ihre Fixkosten in variable Kosten umwandeln? Wie sieht es mit Ihren Räumlichkeiten, Systemen, Lizenzen und Löhnen aus?

  

Was macht Vontobel?

Wir bieten Services für regulierte Banken und grosse Asset-Manager in der Schweiz und in Teilen Europas an. Dienstleistungen von elektronischen Handelslösungen für Aktien, Anleihen, strukturierten Produkten und FX, Global Custody und Security Services stehen im Zentrum unseres Angebots. Im Rahmen unserer Serviceverpflichtung liefern wir massgeschneiderte Lösungen über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg und schaffen so nachhaltigen Mehrwert für Sie als Kunden, wobei wir gleichzeitig die Einhaltung der regulatorischen Anforderungen sicherstellen. Technische Herausforderungen wie Handelsarchitekturen, Smart Order Routing, höhere STP-Raten, TCA und Data Analytics Tools sind zu wesentlichen Themen für unser erfolgreiches Geschäftsmodell geworden.

  

Ein praktisches Beispiel, wie ein Outsourced Dealing Desk (wie wir ihn betreiben) für Sie arbeiten kann:

Vontobel betreibt ein Netzwerk von 155 Fixed-Income-Brokern, was zeigt, dass die Verwaltung in Bezug auf
die Broker-Auswahl komplex und arbeitsintensiv ist. Im Ergebnis profitieren unsere Kunden jedoch von einer höheren Qualität und einem besseren Zugang zu Liquidität. Zusätzlich haben wir mit Tradeweb im Retail-Bond-Bereich eine der höchsten STP-Raten in der Industrie erreicht. Speziell die Zusammenarbeit mit Tradeweb hat hier eine grosse Effizienzsteigerung gebracht. Vontobel betreibt einen eigenen Smart Order Router an den meisten traditionellen Aktien- und Anleihenbörsen. Wir investieren viel in die Datenanalytik und kennen die zu überwindenden Hürden. Veraltete Systeme stellen eine Herausforderung dar – die Frage ist, wie die Datenanalytik in EMS/OMS integriert werden kann. Es gibt einfach zu viele Daten, die sowohl auf Buy als auch auf Sell Side helfen können, die wichtigsten Ergebnisse zu visualisieren, um umsetzbare Erkenntnisse zu gewinnen. Wir arbeiten mit Tableau und anderen Visualisierungssystemen, um Ihre Performance zu verbessern und die Kosten insgesamt zu optimieren. Daten werden nicht immer richtig genutzt. Es braucht Experten, die mit dem Endnutzer zusammenarbeiten können, um festzustellen, was er tatsächlich benötigt. Nahtlose Arbeitsabläufe und Visualisierung sind der Schlüssel.

  

Welche Vor- und Nachteile hat ein Outsourced Dealing Desk?

Vorteile

  • Die Bündelung von Abläufen kann Ihre Gesamtkosten für die Ausführung senken
  • Geringere Kosten für Löhne und Bürofläche
  • Weniger Herausforderungen in Bezug auf die Compliance, da ein Outsourced Dealing Desk dem Kunden bei regulatorischen Fragen und neuen Vorschriften helfen kann und dadurch entstehende Prozesse ohne Zusatzkosten implementiert
  • Zugang zu 24/7-Trading, TCA, Börsenmitgliedschaften

 

Nachteile

  • Potenzieller Interessenkonflikt – Datensicherheit und Chinese Walls sind entscheidend. Der alleinige Fokus muss auf dem Endkunden liegen – die Sell Side muss verstehen, dass diese Bedürfnisse entscheidend sind und beide Seiten betreffen.
  • Es ist sicherzustellen, dass Privatkundengeschäfte nicht für irgendeine Art von ELP missbraucht oder gegen CRB gehandelt werden.
  • Vermeiden Sie eine falsche Handhabung Ihres Handelsvolumens, validieren, verstehen, überwachen und überprüfen Sie, wie Ihr Outsourced Dealing Desk Ihren Flow handhabt.
 

  

Was ist meine Meinung?

Meiner Meinung nach kann dieser Ansatz mehr Zeit erfordern und ist möglicherweise nicht für jeden geeignet. Es handelt sich nicht um eine Einheitslösung, die für alle passt. In einer idealen Welt wäre die Struktur des Outsourced Dealing Desk so konzipiert, dass jegliche Interessenkonflikte vermieden werden. Ich persönlich glaube, dass die Wahrheit irgendwo dazwischen liegt – 100-prozentiges Outsourcing ist kein Patentrezept, aber bestimmte Aspekte sind prüfenswert. Als Outsourced Dealing Desk sind wir nur für Sie da, nicht für unseren Prop Flow, keine CRB, keine ELP. Unser Verfahren, nach den Prinzipien der Client Order Protection (COP), stellt sicher, dass Ihr Flow weder intern noch extern missbraucht wird, und schützt Sie vor toxischer Liquidität und Handelsplattformen auf der Street Side.

Sind Outsourced Dealing Desks für jeden geeignet?

Nein. Bestimmte Herausforderungen werden jedoch mit der Zeit immer komplexer, weshalb diese Art von Services erwägenswert sein kann. Im Hinblick auf FX- und Krypto-Handel: Was ist, wenn einige Ihrer Kunden 24/7-Trading betreiben möchten? Das wäre zum jetzigen Zeitpunkt sicherlich nicht rentabel. Wie wäre es also, wenn Sie Ihr E-Banking rund um die Uhr für den Zugang zu den asiatischen Märkten öffnen, anstatt die Leitungen um 19 Uhr zu schliessen? Es geht um Skaleneffekte, genau wie im Zahlungsverkehr, und der Druck, die Kosten unter Kontrolle zu halten, wird zunehmen.

Entscheidend ist, sich in der Liquiditätslandschaft zurechtzufinden; dies wird erzielt durch die Ausbildung von Buy Side Traders, entweder durch die Sell Side oder durch spezielle Fachleute. Die Landschaft hat sich verändert, und die Marktteilnehmer müssen sich schnell anpassen. Tech and Trust (TT), oder Menschen und Maschinen, werden immer wichtiger, während wir aus diesen schwierigen Zeiten herauskommen. Deshalb ist es wichtig, den Dialog mit Geschäftspartnern aktiv zu suchen und zu pflegen. Die Zusammenarbeit im Team (sowohl auf der Buy/Sell Side als auch auf der technischen Seite) und die Teilnahme an Arbeitsgruppen sind entscheidend. Der Vorteil der physischen Anwesenheit im Büro wurde in der Branche völlig unterschätzt. Auch wenn die Arbeit im Homeoffice eine gute Erfahrung war, geht es beim Trading vor allem um Beziehungen, denn der Zugang zu Wissen ist wichtig.

In den letzten Jahren haben sich drei Kernthemen herauskristallisiert: Liquidität, Technologie und Beziehungen zu Anbietern. Vor drei Jahren lag der Schwerpunkt eher auf der Technologie, während in Zukunft die Beziehungen immer wichtiger werden. Die Trading Desks werden auf der Buy Side zu einem Assetübergreifenden Ansatz übergehen. Insgesamt hat COVID-19 der Branche im Hinblick auf die Innovation nicht geschadet. Angesichts des schwierigen Umfelds, insbesondere aus technischer und risikobezogener Sicht, wurden in den letzten drei Jahren erhebliche Fortschritte erzielt. Dies gilt insbesondere für RFQ-Algorithmen und die Einführung von Datenanalysetools. Die Innovationen wurden in erster Linie von der Sell Side oder von Nichtbanken-/Technologie-Teilnehmern im Wettlauf um die Verbesserung der Qualität in der Branche vorangetrieben. Einige Vertreter der Sell Side empfehlen der Buy Side, sich proaktiv an Gesprächen zu beteiligen und mehr den Dialog mit Innovatoren zu suchen. Das Innovationsrad wird sich in Zukunft immer schneller drehen; agile Führung und Anpassung an neue Umstände werden entscheidend sein. Die allgemeine Lage der Weltwirtschaft wird wahrscheinlich zu massiven staatlichen Interventionen führen, wodurch die in den letzten Jahren durch Technologie erzielten Effizienzgewinne wieder geschmälert werden.

  

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«Es handelt sich nicht um eine Einheitslösung, die für alle passt. In einer idealen Welt wäre die Struktur des Outsourced Dealing Desk so konzipiert, dass jegliche Interessenkonflikte vermieden werden und Ihr Unternehmen von finanziellen Vorteilen und mehr Effizienz profitiert.»

Matthias Schiesser
Head of Sales Electronic Trading Solutions

  

  

Drei weitere Herausforderungen, die uns beschäftigen werden:

Transaktionskostenanalyse:

Echtzeit-Datenanalyse (nicht nur nach, sondern auch vor und während des Tradings) wird auf lange Sicht die Zukunft sein. Dies wird dem Trader helfen, während der Handelszeiten bessere Entscheidungen zu treffen. Wir haben den Bedarf an TCA als Service für unsere Kunden erkannt. Nach mehreren Gesprächen mit Kunden, Kollegen und Wettbewerbern haben wir ein deutlich positives Feedback erhalten. Möglicherweise ist die Suche nach TCA-Standards für jede Anlageklasse die richtige Lösung; ein «One size fits all»-Ansatz ist keine Option. Insbesondere festverzinsliche Wertpapiere stellen aufgrund des Mangels an zuverlässigen Daten eine Herausforderung dar. Sollte die Aufsichtsbehörde Standards festlegen oder dies der Branche überlassen? Die Finanzmarktteilnehmer sind sich einig, dass die Banken in diesem Bereich selbstreguliert bleiben sollten, da es zu viele Handelsplattformen, ELP und andere Faktoren gibt, die berücksichtigt werden müssen. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Buy Side Feedback gibt und Fragen stellt, um das Ergebnis eines TCA vollständig zu verstehen. Daher ist die Ausbildung beider Seiten entscheidend. Darüber hinaus kann die Code-Optimierung zur Erhöhung der Geschwindigkeit beitragen.

HR und der Kampf um Talente:

Eine weitere wichtige Herausforderung ist die Inspiration der Führungskräfte und die Sensibilisierung für die Tatsache, dass Menschen ohne technische Kenntnisse es in den nächsten drei bis fünf Jahren schwerer haben werden. Der Kampf um Talente wird massiv zunehmen, da Tech, Fintech und andere Nichtbanken/Broker den Wettbewerb auf der HR-Seite verschärfen. Die digitale Transformation des Personals ist entscheidend – viele erfahrene Trader werden die Branche in den nächsten 10–12 Jahren verlassen, während es gleichzeitig schwieriger wird, jüngere Talente zu gewinnen und zu halten, was viele Probleme löst, aber auch neue Herausforderungen schafft, insbesondere auf der HR-Seite. Um der neuen Realität gewachsen zu sein, sind Veränderungen der Qualifikationen erforderlich. Während die Zahl der Execution Trader zurückgehen wird, wird es in den kommenden Jahren eine wachsende Zahl von Datenanalysten, Technikern und Sales Traders mit Kundenkontakt geben. Workflow-Beziehungen sind unverzichtbar – es wird wichtig sein, agil zu arbeiten und nicht durch Organigramme eingeengt zu werden. Wie oben dargestellt, ist es für den Erfolg in der Zukunft von entscheidender Bedeutung, Ihre Trader heute weiterzubilden und sie an neue Realitäten heranzuführen.

Zukunftstrend – Agilität und Teamarbeit:

Tech, Buy und Sell Side müssen als Enabler agieren. Ich bin der Überzeugung, dass Dark Liquidity weiterhin stark zunimmt. Inzwischen gewinnen RFQ-Plattformen grosse Marktanteile. Die Suche nach Liquidität in verschiedenen Anlageklassen und das Verständnis des Preisbildungsprozesses und der Kosten werden auf verschiedene Weise gehandhabt. Die Qualität der Liquidität wird immer wichtiger. Aus diesem Grund rückt die Verbesserung von RFQ- und IPO-Prozessen sowie von Anleihen und Non-Equity in den Fokus, um die Effizienz zu steigern und Kunden zu helfen, die richtigen Entscheidungen zu treffen (z. B. Algo-Wheel). Ich wage zu behaupten, dass im Bond-Bereich in fünf Jahren über 90 Prozent des Umsatzes elektronisch verarbeitet werden. In Zukunft wird es wichtig sein, den Bereich der Equity Auctions zu beobachten, der derzeit eines der am schnellsten wachsenden Segmente zu sein scheint. Eine Möglichkeit, Ihr Geschäft auszubauen, besteht darin, den (geografischen) Zugang zu verschiedenen Märkten und Assets auszuweiten. Und nicht zuletzt sollten sich die Unternehmen verstärkt auf Technologie, Execution-Qualität und den Aufbau von Vertrauen bei den Kunden konzentrieren, nach dem Motto «validieren, verifizieren und beweisen».