Settlement-Businessanalyse – Data Analytics als zentrales Element

Transaction Banking
14.06.2024 von Achim Kerber Lesezeit: 5 Minute(n)
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Mit unserem Data Analytics Dashboard im Settlementbereich können Schwachstellen in der Verarbeitung und Verbuchung von Transaktionen umgehend sichtbar gemacht werden. Zusätzlich zu den wichtigsten Settlementkennzahlen werden Trends in diesem webbasierten Dashboard übersichtlich und nahezu in Echtzeit angezeigt. Die Möglichkeit, zeitpunktunabhängige detaillierte Auswertungen zu erstellen, erlaubt es uns, die Qualität im Settlementbereich gezielt und effizient zu erhöhen und jederzeit zu überwachen.

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Interviewpartner: Achim Kerber

Achim Kerber ist Businessanalyst im Team Processing Development im Bereich Transaction Banking bei Vontobel. Er optimiert die Businessprozesse und verantwortet die Umsetzung von Neuanforderungen und Innovationen für Wertschriftenlieferungen sowie für das Stammdatenmanagement.

  

Sie sind seit vier Jahren als Businessanalyst bei Vontobel tätig. Inwiefern hat sich Ihre Arbeit seitdem verändert?

Die ersten knapp zwei Jahre war ich als Businessanalyst im Team Settlement Services tätig. Zum einen war ich mit der fachlichen Businessanalyse betraut, zum anderen arbeitete ich direkt im Tagesgeschäft. Der Spagat zwischen Tagesgeschäft und Businessanalyse war gerade am Anfang der Corona-Pandemie und den damit verbundenen hohen Trade- und Settlementvolumina nicht immer einfach. Der Fokus lag daher primär auf der Stabilisierung des Tagesgeschäfts und sekundär auf den Weiterentwicklungen.

Seit gut zwei Jahren bin ich einer von drei Businessanalysten im Team Processing Development. Durch die damit verbundene Entkopplung vom Tagesgeschäft kann ich Optimierungsideen und Automatisierungsbestrebungen wesentlich effizienter, gewinnbringender und somit nachhaltiger realisieren.

 

Als Businessanalyst im Team Processing Development fungieren Sie hauptsächlich als Schnittstelle zwischen den Facheinheiten und der IT des Core-Systems (Avaloq). Ist diese Dreiecksfunktion effizient?

Auf den ersten Blick könnte man annehmen, diese Konstellation sei ineffizient. In der Praxis ist die direkte Kommunikation zwischen dem Fach und der Avaloq-IT oftmals ein Aneinandervorbeireden, was mit den unterschiedlichen Sichtweisen oder auch Erwartungshaltungen zu tun hat. Diese «Sprachbarriere» kann dann zu Falschentwicklungen oder Fehlinterpretationen führen, was tatsächlich viel Zeit und Geld kosten und zudem sowohl im Fach als auch bei der Avaloq-IT zu anhaltender Demotivation führen kann.

Als Businessanalyst spreche ich sowohl die Sprache des Fachexperten als auch die Sprache des Avaloq-Parametrierers, was dieses Risiko minimiert und kurzfristig sowie langfristig einen Mehrwert generiert.

 

Per Ende 2019 wurde die Kooperation Advanced Settlement Service (ASCS) mit der SIX SIS AG beendet und seitdem wickelt Vontobel Trade Settlements (Lieferungen gegen Zahlung) wieder in Eigenregie ab. Wie hat sich dieser Bereich in den Jahren nach dem Go-live entwickelt?

Die Entwicklung der letzten Jahre ist sehr positiv verlaufen. Dies gilt sowohl für das Volumen als auch für den Automatisierungsgrad (die Straight-Through-Processing-Rate, STP-Rate) und die Rate der verspäteten Abwicklungen (Fail-Rate) über die letzten vier Jahre hinweg. Hatten wir im Jahr 2019 noch ein Volumen von 3,6 Mio. Settlements bei einer STP-Rate von 97,52 Prozent sowie einer Fail-Rate von 1,5 Prozent, so waren es im Jahr 2022 bereits 5,8 Mio. Settlements (+61 Prozent) bei einer STP-Rate von 99,04 Prozent (+1,52 Prozent) und einer Fail-Rate von 0,99 Prozent (–0,51 Prozent).

Massgeblich beteiligt an dieser positiven Entwicklung war vor allem das Rekordvolumen im Corona-Jahr 2020 mit knapp 6,7 Mio. Settlements bei einer eher niedrigen STP-Rate von lediglich 96,73 Prozent.

  

«Nur wenn man seine Transaktionen oder Orders kennt, kann man auch entsprechende Schwachstellen identifizieren und geeignete Massnahmen für nachhaltige Optimierungen ergreifen.»

Achim Kerber
Businessanalyst

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Was gab den Ausschlag für diese positive Entwicklung der STP-Rate?

Bereits im Jahr des Rekordvolumens – 2020 – fingen wir an, unsere Daten zu analysieren. Hierfür benötigten wir die relevanten Transaktionsdetails, die hinter diesen Zahlen steckten. Es gibt bei einem Settlement schlussendlich viele «Störfaktoren», die dazu führen, dass eine manuelle Intervention durch einen Mitarbeiter notwendig wird.

Die wohl bekanntesten «Störfaktoren» eines Settlements sind:

  • Tradedetails (Gebühren, Steuern, Preise usw.)
  • Stammdaten (Standing Settlement Instructions / Assetdaten / Marktdaten)
  • Gegenpartei (kennt Trade nicht / setzt ihre Gegeninstruktion nicht ab / hat falsche Standing Instructions / ist Short)

Mittels Datenanalyse der Transaktionsdetails konnten wir feststellen, dass einer der Hauptgründe der niedrigen STP-Rate die mangelnde Pflege der Standing Settlement Instructions von Gegenparteien in unserem System war. Diese Korrekturen konnten wir in der Folge vornehmen und das Ergebnis einer fast 1 Prozent höheren STP-Rate (ca. 60 000 Transaktionen pro Jahr) in den Folgemonaten legte den Grundstein für weitere Anpassungen und Analysen.

Die Auswertung der Transaktionsdetails im Settlement wurde mittlerweile stark vereinfacht bzw. mit einem Data Analytics Dashboard visualisiert und automatisiert, was es uns ermöglicht, die Qualität im Settlement weiter hochzuhalten und vor allem nachhaltig zu optimieren.

 

Wie kann man sich diese Visualisierung der Transaktionsdaten im Settlement vorstellen?

Die Transaktionsdetails aus dem Core-System werden extrahiert und mittels eines Data Analytics Tool in einem Settlement Dashboard entsprechend miteinander in Relation gebracht. Das Dashboard wird nahezu in Echtzeit aktualisiert und kann von Mitarbeitenden via Webbrowser abgerufen werden. Es lassen sich (fast) alle Settlement- Transaktionsdetails anzeigen und miteinander kombinieren. Die wichtigsten KPI wie z. B. die aktuelle STP-Rate, die Fail-Rate oder das Volumen können aktuell sowie historisch bis ins kleinste Detail (auf Transaktionsebene) abgerufen werden; die Entwicklung der KPI im Lauf der Zeit und ein Trend werden ebenfalls abgebildet.

Was vorher grösstenteils im Hintergrund durch das Core-System lief, konnten wir nun mit dem Dashboard in den Vordergrund bringen; nicht nur das Was, sondern auch das Warum kann nun mit wenigen Klicks sichtbar gemacht bzw. abgeleitet werden.

 

Stichwort Nachhaltigkeit: Inwiefern tragen Ihre Umsetzungen und Optimierungen im Processing Development zu dieser Nachhaltigkeit bei?

Man muss sich der Tatsache bewusst sein, dass jede Optimierung, die ein Systemupdate benötigt, und sei es noch so klein, ein Preisschild seitens der Avaloq-IT hat und im Idealfall erst mit dem nächsten Release (ein bis zwei Monate) umgesetzt werden kann. Deshalb ist folgendes Vorgehen bei meiner Arbeit wichtig:

  1. detailliertes Verständnis der Anforderung der Facheinheiten
  2. prüfen, ob die Anforderung mit bereits vorhandenen oder implementierten Funktionen (Re-Use) umgesetzt werden kann und daher keinen Release benötigt
  3. Umsetzung der Anforderung mit einer detaillierten Spezifikation

Gerade bei der Umsetzung ist der zweite Punkt – also Re-Use von bereits implementierten Funktionen – integraler Bestandteil meiner Arbeit. Ich versuche zudem immer, zukünftige (mögliche) Anforderungen in der Umsetzung mit einzubeziehen, sodass eine grösstmögliche Flexibilität gewährleistet werden kann.

  

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«Die Unabhängigkeit von Systemupdates (Releases) ergibt langfristig grosses Einsparpotenzial bei den Kosten bei gleichzeitiger Reduktion des Zeitaufwands für weitere Umsetzungen.»

Achim Kerber
Businessanalyst

  

Wie profitieren die Transaction-Banking-Kunden von diesen Entwicklungen und Optimierungen?

Entwicklungen und Optimierungen mit direktem Kundenimpact werden zentral von der Aufnahme bis hin zur Implementierung der Anforderungen durch mich als Businessanalysten begleitet. Der Kunde profitiert von mass- geschneiderten, flexiblen Lösungen sowie einem Höchstmass an fachlicher und technischer Kompetenz bei der Umsetzung.

Entwicklungen und Optimierungen ohne direkten Kundenimpact fördern die Effizienz der Mitarbeitenden in den Fachteams, was indirekt positiven Einfluss auf die Qualität der Services sowie die Kosten zugunsten unserer Transaction-Banking-Kunden hat.

Ich agiere bei meiner Arbeit in dem Bewusstsein, dass jede Entwicklung und Optimierung Einfluss auf das Kundenerlebnis unserer Transaction-Banking-Kunden hat, entweder direkt oder indirekt.

 

Welche Veränderungen der letzten Jahre haben das Settlement geprägt und welche Herausforderungen stehen noch an?

Sowohl Harmonisierungsbestrebungen (T2S) als auch regulatorische Anforderungen (beispielsweise CSDR) hatten bereits in den letzten Jahren starken Einfluss auf das Settlement.

Mit den Anforderungen der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 zur Verbesserung der Wertpapierlieferungen und -abrechnungen in der Europäischen Union und über Zentralverwahrer (Verordnung über Zentralverwahrer, CSDR) wurden im Jahr 2022 europaweit grosse Anstrengungen unternommen, die Settlementeffizienz aller Marktteilnehmer zu erhöhen; ob dies langfristig gelingt, bleibt abzuwarten. Mit dieser Verordnung ist es aber mit Sicherheit gelungen, die Settlementprozesse der Marktteilnehmer zu messen und entsprechend mit Penalties zu honorieren oder zu «bestrafen». Die Settlementprozesse bei Vontobel sind hier sehr gut aufgestellt und die Überwachung aller offenen Settlements wird aktiv von unseren Fachteams wahrgenommen.

In den nächsten Jahren werden Themen wie ISO 20022 (Ablösung der Norm ISO 15020), Ausbau von Partial (Auto-)Settlements im Schweizer Markt sowie das globale Bestreben nach immer kürzeren Settlementzyklen (T + 1 bis hin zu T + 0 und somit Instant Settlements) den Settlementbereich vor weitere grosse prozessuale Herausforderungen stellen.

Durch meine aktive Vertretung der Bank in den entsprechenden Arbeitsgruppen des Finanzplatzes Schweiz können wir diesen zukünftigen Herausforderungen ideal begegnen.

 

Welches zentrale Take-away geben Sie den Kunden im Transaction Banking mit auf den Weg?

Wir wollen als agierender (statt reagierender) und verlässlicher Partner das bestmögliche Kundenerlebnis für unsere Transaction-Banking-Kunden ermöglichen und gewährleisten. Als Teil des Processing Management haben wir als Businessanalysten im Team Processing Development eine Rolle eingenommen, die es uns ermöglicht, aktiv und innovativ unseren Beitrag dazu zu leisten.